Bei meinen Begeisterungstiraden zum Thema „saisonal und regional“ blicke ich immer wieder in verdutzte, um nicht zu sagen „leicht angewiderte“ Gesichter wenn ich von Kohl (Wirsing) und Konsorten schwärme, die vermehrt auf den Tisch kommen sollten. Schmeckt mir nicht – drückt der verzweifelte Blick meines Gegenübers dann meist aus. Vielleicht ist es eine blöde Idee von mir, aber eigentlich hätte ich eine große Freude, wenn ich dir dieses wunderbare Gemüse näher bringen könnte. Richtig zubereitet, schmeckt Kohl einfach großartig, hat viel Vitamin C und gilt zudem als wahres Schlankmacher-Gemüse. Gib dem Kohl doch eine Chance, dazu eine kleine Geschichte:
Wir haben im Sommer im Cilento in Italien Urlaub gemacht, das ist ein Nationalpark gut 100 km südlich von Neapel. Die Gegend ist noch sehr urtümlich, die Küche ebenfalls und ich habe dort meine Leidenschaft für Salsiccia entdeckt. Ich ahnte bis dahin nicht, dass eine solche in mir schlummert, bei Wurst und Ähnlichem habe ich tendenziell eher die Nase gerümpft. Aber am glutenfreien Weg durch Italien, war ich gefordert meinen „Speiseplan zu erweitern“, manchmal in Richtung: mehr Fleisch! Das Experiment lieferte mir den Beweis, dass Geschmack nicht einzementiert ist, sondern einem plötzlich Dinge schmecken können, die man ein Leben lang abgelehnt hat. Ausprobieren lohnt sich auf jeden Fall! Als ich neulich am Bauernmarkt solche frischen „salsiccia-ähnlichen“ Würste entdeckte, kam mir die Idee zu diesem Rezept:
Du kannst das Gericht auch vegetarisch zu bereiten in dem du statt der Wurst mehr Gemüse verwendest: zb 300g Kürbis, Sellerie, oder einfach 2-3 zusätzliche Karotten. Oder du fügst am Ende der Garzeit ein Glas Kidneybohnen hinzu oder richtest mit ein Paar Brocken Feta an…
Für 4 Personen:
3 Salsiccie (Schweinebratwurst – mit Fenchel wenn möglich) und falls betroffen auf „glutenfrei“ achten!
oder 400g Faschiertes/Gehacktes vom Schwein
1/2 – 1 Kohl, je nach Größe und Appetit
4 Karotten
1 Knoblauchzehe oder 1 Schalotte
1 Lorbeerblatt
1 l passierte Tomaten
1/8 l Rotwein
1 EL Kümmel
Olivenöl
4cm Ingwer
4 Zweige Thymian
3 Spitzen Rosmarin
Salz und Pfeffer
Die Haut von der Wurst abziehen und in cm grosse Stücke zerteilen. Knoblauch/Schalotte klein hacken und in 1 EL Olivenöl anbraten. Würststückchen zufügen und mit braten. Karotten waschen und würfelig schneiden, wenn die Wurst Farbe annimmt, Karotten zufügen. Mit einem großzügigen Schluck Rotwein ablöschen und passierte Tomaten, Lorbeer, Thymian und Rosmarin zugeben und 30-40 Minuten köcheln lassen. Salzen und pfeffern, eventuell noch etwas Zimt oder Nelke zugeben.
Während die Sauce kocht, Kohl waschen und in Streifen schneiden. (Ich verwende immer einen ganzen Kohl, weil ich – sollte was überbleiben – den vorgegarten Kohl dann am nächsten Tag in eine Suppe gebe, oder mit Getreide, Olivenöl, Ingwer und zB Granatapfelkernen als schnelles Mittagessen verwenden kann). Kohlstreifen entweder in kochendem Salzwasser 5-7 Minuten knackig kochen oder über Dampf garen. Wichtig ist, dass der Kohl noch Biss hat und die Farbe behält, also lieber zu kurz als zu lang garen!
Nudel der Wahl laut Packungsanweisung garen. Ich verwende meistens Reisnudel, aber auch Mais-Penne schmecken sehr gut, wenn man eine glutenfreie Alternative sucht.
2-3 EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, klein gehackten Ingwer kurz anbraten und Kohl mit dem Ingwer schwenken. Die Nudeln auf die Teller verteilen, Kohlstreifen darüber streuen und großzügig Sauce darüber geben. Das Gericht schmeckt auch ohne Nudel hervorragend, dazu einfach Kohlstreifen in Teller füllen und Sauce dazugeben, auf Grund seines hohen Ballaststoffanteils empfinde ich Kohl als gut sättigend. Eventuell mit Parmesan bestreuen.
Aus der Sicht der TCM:
Kohl tonisiert das Magen Qi, eliminiert Hitze und reduziert Feuer, hilft bei Erkältungen und bellendem Husten, bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren. Kohl ist Stuhl regulierend und abführend und hilft bei Verstopfung. Kohl bewegt Blut und hilft bei chronisch kalten Füssen. Er reguliert und bewegt Qi bei Magenschmerzen, Darmerkrankungen, bei Verdauungsschwäche und Nahrungsstau. Bei stumpfen Verletzungen kann man Kohlblätter äusserlich auflegen.
Schweinefleisch tonisiert das Yin der Niere, der Leber, der Lunge, hilft bei Säftemangel, Durst, Trockenheit, Nervosität, Auszehrung, Osteoporose, Durchschlafstörungen, Schwäche, Lungentrockenheit, trockener Verstopfung und Obstipation, trockenem Husten, Mund- und Rachentrockenheit. Da Schweinefleisch stark befeuchtend wirkt, ist es in den meisten Fällen von Übergewicht kontraindiziert.
Die Tomate ist thermisch kalt und eliminiert Hitze, kühlt Blut und tonisiert Yin. Sie wirkt bei Bluthochdruck, Durst, Halstrockenheit, Unruhe, Nervosität, trockener Verstopfung und bei Magen Hitze. Tomaten werden prinzipiell im Sommer zum Kühlen empfohlen, durch die Gewürze und den Rotwein wird die Kälte ausgeglichen. Ich verwende im Winter ganz selten frische Tomaten, sondern greife eher zu Passata aus sonnengereiften Sommertomaten, die wesentlich mehr Geschmack haben.
Die Ernährung nach TCM dient der Gesunderhaltung und der Harmonisierung der körpereigenen Heilungskräfte. Meine Rezepte sind kein Ersatz für eine ärztliche Diagnose und Behandlung, sie erfüllen keine medizinischen Zwecke.